Auf dem Weg zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit von Minderheiten geführten Netzwerken und ‘Investor Positionality’
Nachdem Der Bericht „State of European Tech 2020“ Eine ‚Ethnizitäten Bezogene Datenlücke‘ Aufgedeckt Hat, Beweist Der Report Aus Dem Jahr 2021, Dass Frauen Und Ethnische Minderheiten Die Arbeit In Der Tech-Start-up-Szene Genießen.
Die ‘State of European Tech’ Berichte aus den Jahren 2020 und 2021 wurden von der Risikokapitalgesellschaft Atomico in Zusammenarbeit mit Slush, Orrick und Baillie Gifford und mit Unterstützung der Silicon Valley Bank (svb) veröffentlicht. Sie stellen eine der größten Anstrengungen dar, um zu verstehen, was in Europas (Tech-)Start-up-Ökosystem tatsächlich passiert – sowohl in Bezug auf Investoren, Investitionen, Wertschöpfung, Diversity und Inclusion, Politik usw. Während der Report aus dem Jahr 2020 auf eine ‘Ethnizitäten bezogene Datenlücke’ hinwies und an nicht-weiße Gründerinnen und Gründer appellierte, sich an künftigen Umfragen zu beteiligen, zeigt der Report aus dem Jahr 2021, dass: 1.) Frauen und ‘nicht-weiße Personen’ die Arbeit in Tech-Start-ups genießen, 2.) diversere Teams zu größerem Erfolg und Kapitalinvestitionen beitragen, 3.) Frauen ein Drittel der künftigen Führungskräfte im EU Tech Start-up Ökosystem ausmachen…
Doch auch wenn die jüngsten Ergebnisse interessant, komplex und sehr relevant sind – es gibt immer noch eine Lücke, wenn es darum geht, zu analysieren, wie BIPoC-Frauen, queere schwarze Frauen, BIPoC-Transmänner, Homosexuelle Latinx und viele andere talentierte Professionals ihren Weg durch die Tech-Start-up-Szene der EU finden. Wie Nana Addison, Gründerin von Curl Agency, im 2020 European Tech Report kritisiert, sehen VCs oft nicht die Chancen und das Potenzial, das in der weiblichen BIPoC-Community versteckt ist, weil viele von ihnen „weiß, männlich und 40+ sind”. Damit soll nicht gesagt werden, dass VCs sich nicht aktiv darum bemühen können, die Nachfrage nach bestimmten Produkten und Dienstleistungen innerhalb einer bestimmten Gemeinschaft zu verstehen. Vielmehr ist ein aktives Bemühen oft erforderlich, um keine vielversprechende Investitionsmöglichkeit zu verpassen – was auch die Chance mit sich bringt, das Technologie-Produktangebot auf dem Markt inklusiver zu machen!
Europäische VCs, die sich nach wie vor scheuen, über ihre eigenen Grenzen hinauszuschauen, sollten sich vom Innovationsgeist der Angehörigen von Minderheiten in der Tech-Branche inspirieren lassen. Eine Möglichkeit, sich inspirieren zu lassen, könnte zum Beispiel darin bestehen, sich mit Netzwerken wie Unicorns in Tech zu verbinden, einer LGBTIQ+-Tech-Community in Berlin mit weltweit mehr als 4,000 Mitgliedern – von Studenten bis hin zu Unternehmern und Start-ups! Während es vergleichsweise einfach sein mag, eine bestimmte Idee eines einzelnen LGBTIQ+-Gründer-/Start-up-Teams abzulehnen, ist es vielleicht nicht so einfach, einen potenziellen Produktmarkt zu übersehen, nachdem man sich direkt und offen mit einer bestimmten Ziel-Community auseinandergesetzt und verständigt hat. Der Unicorns In Tech Summit 2022 könnte eine solche Gelegenheit zur Kontaktaufnahme bieten. Dieser spannende Tech-Gipfel, der ebenfalls von Unicorns in Tech organisiert wird, bietet Vorträge, Panels und Workshops sowie eine eigene Jobmesse. Er richtet sich an Fachleute aus der LGBTIQ+-Community und ihre Allies, und bietet die perfekte Gelegenheit für Investoren sich zu beteiligen und selbst Marktforschung zu betreiben.
Auch wenn noch nicht klar ist, ob die Veranstaltung beispielsweise in einem der Workshops eine intersektionale Linse auf Diversity und Inclusion bereithalten wird, könnte die Unicorns in Tech-Community sicherlich eine wichtige Anlaufstelle sein, wenn es darum geht, dieses Konzept voranzutreiben und die ‘ethnischen, geschlechtsbezogenen/sexualitäsbezogenen und Diversitäts-Lücken’ in Berichten wie dem ‘The State of European Tech 2021’ zu schließen. Letztere kann man beispielsweise darin wiederfinden, dass der Bericht aus dem Jahr 2021 zwar aufgeschlüsselten Daten bereithält, aber nicht zwischen ‘gender’ und ‘sex’ underscheidet, was eine binäre Geschlechterordnung propagiert. Anstatt eine immer noch bemerkenswerte Anzahl von sechzehn Partnern zu konsultieren – wie z.B. Dealroom.co, S&P Global, Politico, Google for Startups, Sifted und Indeed, sollten die an der Erstellung des Berichts beteiligten Forscher ein breites Spektrum von Minderheiten und nicht-weißen Start-up-Gemeinschaften auf nationalen Ebenen konsultieren, um relevante Informationen zu sammeln, die ihre Ergebnisse ergänzen und die Geschichten und den Impact von Minderheiten und nicht-weißen Gründern und Start-ups in der EU-Tech-Szene widerspiegeln können. Letzteres ist vor allem angesichts der Diskriminierung in der Technologie– und VC-Branche der EU erforderlich, die möglicherweise zur Bildung von Untergemeinschaften beigetragen hat. Allerdings muss klar gesagt werden, dass eine solche Bildung wahrscheinlich nicht nur durch negative Gründe motiviert ist. Mit anderen Worten, es ist sinnvoll, Untergemeinschaften zu bilden, deren Mitglieder auf einen bestimmten Bereich oder Markt spezialisiert sind und sowohl als Anbieter von Dienstleistungen/Produkten als auch als Kunden auftreten. Es kann hingegen nicht der Fall sein, dass dies der einzige ‘sichere’ Weg ist, um VC-Investitionen zu erhalten. Solange der VC-Markt nicht alle Individuen gleichermaßen repräsentiert, bleibt die Diversität ein Mythos.
Wie aus einem Artikel auf Sifted hervorgeht, mussten sich Gründer bei ihren Versuchen, Kapital zu beschaffen, zumindest mit Arroganz (83,1%), Ghosting (74,6%), mangelnder Transparenz (66,1%), unprofessionellem Verhalten wie verspätetem und unvorbereitetem Erscheinen zu Sitzungen und Diskriminierung (39%) auseinandersetzen – angefangen von Frauenfeindlichkeit und Sexismus bis hin zu rassistischen Mikroaggressionen und Klassismus. Die letztgenannten Verhaltensweisen zeigen wohl, dass zu viele Investoren Investitionen immer noch als eine einseitige Geschichte/Transaktion betrachten, bei der sie ‘kapitalhungrigen’ Unternehmern Kapital und im besten Fall auch Branchenkenntnisse, Mentor Trainings und Zugang zu relevanten Netzwerken zur Verfügung stellen. Investitionen sind aber sehr wohl eine zweiseitige Geschichte. Hingegen einer solchen Ansicht ist zu bemerken, dass Unternehmer wertvolles Fachwissen anzubieten haben, neben ihrer Kapazität das Portfolio von Investoren zu erweitern, und dem häufigen Bestreben gesellschaftlicher Ziele. Mit anderen Worten, Unternehmer sind oftmals alles andere als ‘kapitalhungrig’ und Eigennutz. Gerade, wenn sie gesellschaftliche Ziele anstreben, könnten VC-Investitionen auch als eine ‘soziale Transaktion’ angesehen werden.
Bei Crowdfundern ist dieses Bewusstsein wohl schon vorhanden, aber nicht in allen Fällen bei VC-Investoren, die sich manchmal eher auf mögliche Kapitalerträge konzentrieren – selbst wenn ihre Investitionsstrategie auf die Beschleunigung des sozialen und/oder ökologischen Wandels ausgerichtet ist. Letzteres ist bis zu einem gewissen Grad auch verständlich. Schließlich ist es die Aufgabe von VC-Firmen, Start-ups im Hinblick auf ihr Wachstum auf dem Markt zu unterstützen. Letzteres sollte jedoch nicht dazu führen, dass die Bewertung einer bestimmten Geschäftsstrategie mit einer Bewertung verwechselt wird, die auf persönlichen Vorlieben und falscher Bequemlichkeit beruht. Investitionen, wie jede andere Geschäftsbeziehung und Beschäftigungsform, erfordern sowohl Vertrauen, Selbstreflexion als auch Verletzlichkeit. Und auch wenn einige anmerken mögen, dass es hier doch ums Geschäft geht – das ist überhaupt kein Widerspruch! Im akademischen Bereich ist es seit langem üblich, die eigene Positionierung in Bezug auf bestimmte wissenschaftliche Behauptungen zu hinterfragen. Gerade der Bereich der Politik lebt von diesem Konzept, ein Bereich, in den Investitionen ja irgendwie auch gehören. Investitionen bestimmen nämlich, was auf dem Markt angeboten wird, und was auf dem Markt angeboten wird, bestimmt zumindest einen Teil unserer täglichen Entscheidungen und Gewohnheiten – was zum Beispiel durch die Erfindung des Internets, der Mobiltelefone und der Apps spürbar ist.
Wie letzteres zeigt, engagieren sich Investoren und Start-ups in der Politik, denn darum geht es eben in der Geschäftswelt. Es geht darum, etwas zu bewirken, etwas zu verändern und Menschen für eine bestimmte ‘Lebensweise’ zu gewinnen. ‘Positionalität’ bezieht sich hingegen traditionell…
„auf die Haltung oder Positionierung des Forschers in Bezug auf den sozialen und politischen Kontext der Studie – die Gemeinschaft, die Organisation oder die Teilnehmergruppe”
Coghlan and Brydon-Miller (2014) ‘Positionality’. In The SAGE Encyclopedia of Action Research
In der Geschäftswelt angewandt, könnte das Konzept der Positionalität dazu führen, dass die Bewertung von Investitionsangeboten um ein neues Element erweitert wird. Anstatt unmittelbar den Charakter einer Person zu beurteilen und ‘Vertrauen’ nur auf der Grundlage einiger weniger Merkmale (z. B. beruflicher Werdegang und Ausbildung, gute Vorbereitung usw.), Vertrauen und Bauchgefühl zu suchen, könnte die bewusste Selbstreflexion in Bezug auf seine eigene Positionalität Diskrimination vorbeugen. Und Positionalität muss sich nicht nur auf die Bewertung des Verhältnisses eines Investors zu einem bestimmten sozialen und politischen Kontext beziehen, den ein Start-up möglicherweise repräsentiert – sie kann sich auch auf die Realität dessen beziehen, was ein Produkt oder eine Dienstleistung in der Gesellschaft zu schaffen versucht. Stehe ich einer großen Innovation im Weg, nur weil ich in einer anderen Zeit aufgewachsen bin? Das ist eine Frage, die sich Investoren auf jeden Fall stellen sollten! Denn während es leicht ist, auf den ‘digitalen Zug’ aufzuspringen, ist es vielleicht nicht so leicht, sich einzugestehen, dass andere Risiken allein aufgrund unserer eigenen Erfahrungen größer erscheinen könnten als sie es in der Realität sind. Ein aktives Gespräch über Positionalität könnte eben die Tür öffnen, um sich in der Investitionswelt für intersektionelles Verständnis auszusprechen, das es einer einzelnen 50-jährigen BIPoC-Transgender-Frau vielleicht zukünftig ermöglicht, ihre Geschäftsidee zu skalieren! Wer weiß, welche Innovationen es da draußen wirklich gibt…Schließlich ist es auch die Aufgabe von Investoren, Innovationen zu finden, Produkte im (sozialen) Kontext zu verstehen und ihre Chancen durch das Verständnis einer bestimmten Zielgruppe zu erkennen.
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