Der 4. Deutsche Social Entrepreneurship Monitor zeigt, dass Migranten/Flüchtlinge eine der drei wichtigsten Zielgruppen von Sozialen Unternehmern sind
Einen positiven Einfluss auf das Leben anderer Menschen zu leisten, während man selbst mit Schwierigkeiten konfrontiert ist, kann dazu beitragen, sich besser zu fühlen. Einem Artikel in Psychology Today zufolge kann Freiwilligenarbeit sogar zu einer Verringerung depressiver Symptome führen, weil sie uns hilft einen Sinn und ein Ziel im Leben zu finden – etwas, das auch durch das japanische Konzept ‘Ikigai (生き甲斐)’ beschrieben wird, das auf die Heian-Zeit (794 bis 1185) zurückgeht, aber sowohl klinische Psychologen als auch Ikigai-Leser heutzutage inspiriert. Im Jahr 2017 veröffentlichten Héctor García und Francesc Miralles die erste Ausgabe ihres Buches ‘Ikigai: The Japanese secret to a long and happy life’, das Einblicke in dieses japanische Konzept gibt. Kurz zusammengefasst liegt Ikigai an der Schnittstelle zwischen dem, was man liebt, was man gut kann, was die Welt braucht und was für was man bezahlt werden kann.
Während das, ‘was Sie (zu tun) lieben’, Ihre Leidenschaft und Ihre Mission offenbart, beschreibt das, ‘was die Welt braucht’ genau, wo sich Ihre Mission und Ihre Berufung treffen. Mit anderen Worten, die Bestimmung eines Menschen hängt mit dem Punkt zusammen, an dem alle diese Aspekte zusammenfließen. Was letzteres mit sozialem Unternehmertum zu tun hat, ist die Tatsache, dass das, ‘was die Welt braucht’, sicherlich auch mehr Respekt für Diversität, Inklusion und Güte ist – und nicht zuletzt Menschen, die andere dabei unterstützen, ihrem eigenen Ikigai in Gesellschaften, die noch nicht so effektiv auf dieses Konzept hinarbeiten, ein wenig näher zu kommen. Eben als ein Weg, um Gerechtigkeit (‘Equity’) und Gleichheit (‘Equality’) auf eine neue Art zu messen. In diesem Artikel werden einige Erkenntnisse aus dem 4. Deutschen Social Entrepreneurship Monitor vorgestellt, die zeigen, dass Migranten besondere Unterstützung benötigen, um ihre Bestimmung in die Praxis umzusetzen.
Key Insights Vom 4. Social Entrepreneurship Monitor
- Soziales Unternehmertum ist eine Antwort auf gesellschaftliche Veränderungen und Herausforderungen wie die globale Migration, den Klimawandel, den demografischen Wandel und die Ungleichheit. Es ist darauf ausgerichtet ‘was die Welt braucht’ und zeigt, dass eine ganze Reihe von ‘Berufungen’ mit der generellen Berufung als Unternehmer vereinbar sind, solange die Gründer von ihrer Leidenschaft und ihrem Streben nach dem, was andere Menschen, die Gesellschaft und unser Planet wirklich von der Wirtschaft brauchen, angetrieben werden.
- Soziales Unternehmertum wurde an der Schnittstelle von Gesellschaft, Business und Governance angesiedelt, was den letztgenannten Punkt noch einmal verdeutlicht und auf die Tatsache hinweist, dass es von den Verhandlungen mit öffentlichen Investoren und lokalen politischen Entscheidungsträgern abhängen kann, wofür Gründer bezahlt werden können und wie unmittelbar die Arbeit Ihres Unternehmens in die Politik eingebunden wird. Mit anderen Worten, ob Gründer das soziale Unternehmertum zum Beruf machen können hängt nach wie vor in hohem Maße von Ihrer Fähigkeit ab, Finanzmittel zu beschaffen und sich im Netzwerk-Dschungel durchzusetzen. Es gibt keinen geradlinigen Weg zum Sozialunternehmer.
- Die meisten der befragten Sozialunternehmen richten sich an „Gruppen, die von sozialen Missständen betroffen sind” (60%), d. h. „Kinder und Jugendliche (37,3%), Frauen/Mädchen (28,1%) und Personen mit Migrations- oder Flüchtlingshintergrund (29,5%)”. Letzteres zeigt, dass das soziale Unternehmertum den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Es zielt nicht nur darauf ab, die Welt mit dem zu versorgen, was sie eben braucht, sondern es zielt darauf ab Changemaker heranzuziehen, die in der Lage sind, andere mit dem zu versorgen, was sie brauchen, um wiederum sich selbst und der Welt zu helfen. Ikigai zielt also vielleicht irgendwie auf die Erhaltung von persönlichem und allgemeinem Wohlsein ab.
- Es könnte eine Lücke in Bezug auf eine wirksame und ausreichende Unterstützung durch soziales Unternehmertum geben. Da sich die meisten der befragten Sozialunternehmen auf die Unterstützung der oben genannten Zielgruppen konzentrierten, erhielten andere Zielgruppen nämlich weniger Unterstützung in Bezug auf das verfügbare Angebot. Dies sagt jedoch nichts über die Wirksamkeit der Unterstützung oder den Umfang der Unterstützung aus, die für die einzelnen Zielgruppen und die damit verbundenen gesellschaftlichen Probleme erforderlich ist.
- Die meisten Sozialunternehmen arbeiten aktiv an der Messung ihrer Auswirkungen als Unternehmen und sind wirkungsorientiert (95%), kooperativ, systemisch, umweltbewusst, lokal, partizipativ und digital. Mit anderen Worten, sie haben ein gutes Verständnis dafür, was ihre lokale Gemeinschaft will und braucht. Dies könnte jedoch den oben genannten Punkt noch einmal verdeutlichen – es besteht die Notwendigkeit, die Gesamtwirkung von Sozialunternehmen in Deutschland zu messen, um zu verhindern, dass bestimmte Zielgruppen bei der Bereitstellung ausreichender, spezialisierter Unterstützung außen vor bleiben.
Aus den obigen Ergebnissen lässt sich schließen, dass das soziale Unternehmertum in Deutschland durchaus seinen Einfluss. Da im Jahr 2022 22% der Gründer in Deutschland einen Migrationshintergrund haben, müssen ihre Bemühungen auch im Bereich des sozialen Unternehmertums aktiv unterstützt werden. Nicht nur, wenn es darum geht andere Migranten zu unterstützen, sondern auch, wenn es darum geht, ihre Leidenschaften und ihr Know-how einzubringen, um verschiedenen Zielgruppen zu helfen. Einerseits kann der Austausch von Migrationserfahrungen dem Einzelnen sicherlich helfen innovative Lösungen zur Unterstützung anderer zu entwickeln. Andererseits sollte nicht übersehen werden, dass die Migration eine einschneidende Erfahrung ist, die sich direkt auf die Fähigkeit des Einzelnen auswirken kann, denselben Beruf wie in seinem Heimatland auszuüben (z. B. aufgrund der Anerkennung von Diplomen, fehlender Sprachkenntnisse und anderer gesellschaftlicher Regeln usw.).
Wenn die Ausübung eines bestimmten Berufes nun aber tatsächlich dazu beiträgt, dass ein Individuum seine Bestimmung erleben und in die Tat umsetzen kann, könnte es wichtig sein, dass zumindest der Bereich des sozialen Unternehmertums besonders integrativ gestaltet wird. Letzteres soll heißen, dass Gründer mit Migrationshintergrund besonders unterstützt werden sollten, wenn ihre potenziellen Defizite (z. B. Sprachkenntnisse, fehlende Diplome) dazu führen könnten, dass sie ihre Leidenschaft, ihre Mission, ihren Beruf und ihre Berufung aufgeben müssen. Ikigai ist etwas, auf das jeder Anspruch haben sollte, denn nur wenn jeder danach streben kann, kann die Gesellschaft von den Zielen und Fähigkeiten aller profitieren. Letzteres erfordert vielleicht ein paar zusätzliche Anstrengungen, z. B. sollten sich öffentliche Investoren aktiv an der Vermittlung beteiligen, wenn die Anerkennung von Abschlüssen oder das Recht auf Berufsausübung in Deutschland auch innerhalb dem Sozialen Unternehmertum ein Problem darstellt.
Letzteres kann die Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Einrichtungen erfordern, um alternative Wege für die Anerkennung zu finden, und/oder Bemühungen, Gründungskollegen zu finden, die die fehlenden Qualifikationen und eine ähnliche Mission haben. Neben diesen Bemühungen müssen natürlich auch andere Anstrengungen unternommen werden – der Zugang zu öffentlichen Mitteln für Gründer mit Migrationshintergrund, die Erleichterung der Vernetzung und der Abbau bürokratischer Hürden, auch in Bezug auf die Kommunikation (d. h. die Erleichterung bestimmter Prozesse in einer Vielzahl verschiedener Sprachen). Letzteres ist deshalb so wichtig, weil es nicht allein die Aufgabe von Sozialunternehmern sein sollte, Migranten die Verwirklichung ihrer Ziele zu ermöglichen. Statt Integration auf eine vereinfachte Art und Weise zu verstehen – durch die Betrachtung von Beschäftigung/Arbeitslosigkeit, gesellschaftliches Engagement usw. – könnte sie vielleicht durch Ikigai gemessen werden. Sicherlich sollten auch Unternehmer mit Migrationshintergrund nicht aufgehalten werden, wenn sie gezielte Innovationen entwickeln – aber ermöglicht unsere Gesellschaft Migranten wirklich, ihr bestes Potenzial auszuschöpfen? Oder legen die vorhandenen Strukturen die Messlatte etwas zu niedrig an?
Centurion Plus
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