Die Identitäten Von Refugees Und Migranten Sind Weder Starr Noch Auf Wenige Kollektive Aspekte Limitiert
Nach den Erkenntnissen verschiedener Forscher der Universität Bremen, der Paris School of Business und der Dublin Business School gibt es noch einiges dazu zu lernen, wenn es um ein besseres Verständnis des Unternehmertums von Flüchtlingen und Migranten geht. Genauer gesagt, stellen die Forscher fest, dass Entrepreneurship auf Seiten von Flüchtlingen und von Migranten nicht mehr fälschlicherweise als – ein und dieselbe Erfahrung – angesehen werden kann und darf. Während Flüchtlinge bei ihrer Ankunft in einem neuen Heimatland seltener über bereits etablierte soziale Netzwerke verfügen, haben Migranten letztere zumindest manchmal bereits aufgebaut, das heißt, bevor sie die Entscheidung treffen auszuwandern. Darüber hinaus sind Flüchtlinge auch häufiger mit Traumata konfrontiert und haben meist nicht oder nur sehr beschränkt die Möglichkeit auf Netzwerke aus der Heimat zurückzugreifen, die sie auf ihre Unternehmensreise unterstützen könnten. Darüber hinaus betonten die Forscher, dass das Konzept ‘(dis)embeddedness’ möglicherweise neu konzipiert werden muss, um das Unternehmertum von Flüchtlingen und Migranten wirklich zu verstehen.
Wenn sie Recht haben, muss unter anderem die Annahme verhindert werden, dass die unternehmerische Tätigkeit auf Seiten von Flüchtlingen und Migranten irgendwie von der breiteren sozialen Chancenstruktur abgekoppelt ist. Anstelle dessen zu verstehen, wie Flüchtlinge und Migranten in eine Infrastruktur lokaler Möglichkeiten in einem neuen Zielland, sowie in eine Infrastruktur von Möglichkeiten in ihren Herkunftsländern ‘eingebettet’ sind – muss man vielleicht verstehen, wie letztere Unternehmer diese Struktur selbst erschaffen bzw. sich aktiv dafür entscheiden, diese zu ihrem Vorteil zu verändern. Wie die Forscher betonen, sind nach dem Wirtschaftsanthropologen Karl Polanyi „wirtschaftliche Verhaltensweisen in soziale Beziehungen eingebettet”. Dies unterstreicht nicht nur, dass unternehmerischer Erfolg im Einzelfall auch mit Netzwerkfähigkeiten, Extrovertiertheit, Widerstandsfähigkeit usw. zu tun hat, sondern auch, dass staatenlose Flüchtlinge/Migranten und diejenigen, die sich dafür entscheiden, sich von ihren Herkunftsländern zu ‘entfremden’, sich selbst ‘ent- oder umbetten’. Im Gegensatz zu den Unternehmern unter Flüchtlingen und Migranten, die eine starke Bindung an ihre Herkunftsländer haben, könnten letztere angehende Unternehmer in manchen Fällen zumindest weniger dazu geneigt sein neue lokale Netzwerke aufzubauen, indem sie sich mit Organisationen verbinden die sich direkt auf ihre Herkunftsländer beziehen. Dies führt zu der Frage, wo ‘Repräsentation’ und ‘Intersektionalität’ in den Start-up Ökosystemen der EU und weltweit derzeit verfehlt werden?
Obwohl die Bedeutung der intersektionellen Gerechtigkeit und der Repräsentation von Minderheitengruppen in verschiedenen Start-up- und Unternehmensszenen nicht in Abrede gestellt werden soll, hat sich in europäischen und globalen Start-up-Ökosystemen vielleicht eine kleine Lücke aufgetan, wegen der verstärkten Betonung auf ‘Unternehmer Embeddedness’ durch das Konzept der ‘Intersektionalität’. Das Konzept der ‘Intersektionalität’ ermöglicht es uns zu begreifen, wie bestimmte Personen mehrere Formen der Diskriminierung gleichzeitig erfahren und wie sie sich im Allgemeinen durch die verschiedenen Sphären einer bestimmten Gesellschaft bewegen. Während ‘Intersektionalität’ (d. h. der Fokus hier liegt auf individuellen Merkmalen, die sich aus einer Mischung von kollektiven Merkmalen ergeben) nicht dasselbe ist wie die ‘Einbettung’ bzw. ‘Embeddedness’ (d. h. der Fokus hier liegt auf gesellschaftlichen Strukturen und kollektiven Merkmalen), ermöglichen uns beide Konzepte zu verstehen, wie Individuen in der Gesellschaft positioniert sind und wie ihre Möglichkeiten eingeschränkt werden können. Der Trugschluss besteht darin, anzunehmen, dass wir, wenn wir nun die intersektionelle Diskriminierung bekämpft und die Lücken, die sich aus einer bestimmten ‘Einbettung’ ergeben, geschlossen haben, alle Menschen erfolgreich in unsere Gesellschaft bzw. Start-up-Ökosysteme einbeziehen. Zumindest, solange wir annehmen, dass Indikatoren für ‘Zugehörigkeit’ bzw. ‘Belonging’ ganz offensichtlich sind.
Um benachteiligte Gruppen wie Flüchtlinge und Migranten im Bereich des Unternehmertums strategisch zu unterstützen, müssen wir uns auch auf ihre individuellen Missionen und Entscheidungen, konzentrieren, was diese mit einbezieht sich zu ‘entbetten’. Letzteres könnte sich beispielsweise darin zeigen, dass sie lieber den europäischen Markt ohne Rücksicht auf ihre afrikanische, asiatische, lateinamerikanische usw. Herkunft erobern wollen. Eine weiteres Beispiel wäre, wenn sie sich stattdessen bewusst dafür entscheiden außerhalb von Unternehmensnetzwerken zu agieren, die gezielte Unterstützung für bestimmte (Minderheits)Gruppen anbieten. Um das letztgenannte Argument zu unterstreichen, müssen wir, um Unternehmer mit Fluchthintergrund und Migrationshintergrund tatsächlich gleich zu behandeln, vielleicht manchmal über die Art der ‘Einbettung’ und ‘Intersektionalität’, die sie widerspiegeln, hinausgehen und berücksichtigen, dass Repräsentation auch bedeutet, sich aktiv mit Unternehmern mit Fluchthintergrund und Migrationshintergrund zu befassen. Dies sollte mit dem letztendlichen Ziel einhergehen zu verstehen wer sie in einer bestimmten Phase ihres Lebens eben sind. Um dieses Argument zusammenzufassen, müssen wir verhindern, dass Flüchtlinge und Migranten nur auf der Grundlage der Wahrnehmung ihrer (in Wirklichkeit nicht so) ‘homogenen, kollektiven Identitäten’ unterstützt werden.
Aber wo ziehen wir die Grenze und wie können wir solche Vorurteile und Stereotypen vermeiden, wenn wir auch für intersektionelle Gerechtigkeit kämpfen und strukturelle und institutionelle Diskriminierung und Gewalt bekämpfen wollen? Auch wenn es keine einfache Antwort auf diese Frage gibt, könnte es eine Überlegung wert sein, Unternehmertum auch durch nationale Institute zu fördern, die sich stark für die Förderung von interner Diversity und Inklusion engagieren – und dabei einen themenzentrierten Ansatz, sowohl bei der Gründungsberatung als auch bei der Finanzierung, verfolgen. Solche Einrichtungen sollten aktiv zusammenarbeiten, um einzigartige Netzwerke mit Risikokapitalfirmen sowie von Minderheiten geführten Netzwerken für Unternehmertum verschiedener Art aufzubauen. Auf EU-Ebene arbeitet das Europäische Innovations- und Technologieinstitut (EIT) bereits an der Unterstützung verschiedener Start-ups und Unternehmen, die sich in einem bestimmten Bereich wie Klima, Digitalisierung, Energie, Lebensmittel, Gesundheit, Fertigung, urbane Mobilität und Rohstoffe engagieren. Durch die Bündelung der Aussichten auf eine ‘Start-up-Kooperation’ nach Themenbereichen ermöglicht das EIT Unternehmern, unabhängig von ihrem individuellen Hintergrund zusammenzukommen, zumindest solange es sich für die Förderung der internen Diversity und Inclusion einsetzt. Die oben erwähnten nationalen Unternehmernetzwerke für Diversity und Inclusion könnten in der Tat als Vermittler fungieren, wenn es darum geht, talentierte Unternehmer aus Flüchtlingen, Migranten und Minderheiten mit Investoren zusammenzubringen.
In einem unserer früheren Artikel haben wir darüber berichtet, dass Kave Bulambo bereits aktiv eine solche Arbeit leistet. Mit ihrem Unternehmen Black in Tech, das in Berlin angesiedelt ist, hat Bulambo bereits einige Wege für hochqualifizierte schwarze Ingenieure in Deutschland gefunden und sich mit Durchsetzungsfähigkeit für ihren Erfolg eingesetzt. Als Vermittlerin zwischen Arbeitgebern und schwarzen Fachkräften ist Bulambos Initiative eine der wenigen ihrer Art – das heißt, neben ihrer Initiative Talent Diverse, die Frauen und BIPOC-Fachkräfte gezielt bei ihrer Karriere fördert. Die Arbeit, die Bulambo leistet, mag sich zwar ein wenig von der Arbeit unterscheiden, die erforderlich ist, um zwischen den verschiedensten Interessengruppen zu vermitteln, damit die Stimmen und Talente von Flüchtlingen, Migranten und Minderheiten mit diversen Hintergründen bei VC-Investoren und in größeren Unternehmernetzwerken Gehör finden – aber die Idee ist letztlich die Gleiche. Darüber hinaus könnten solche Netzwerke, wie in diesem Artikel vorgeschlagen wurde, gezielt Forschung fördern, um Bedürfnisse bezüglich der Repräsentation von geflüchteten und zugewanderten Unternehmern besser zu verstehen, wobei zu berücksichtigen ist, dass sich Identitäten im Verlauf des Lebens ändern und diese manchmal an Komplexität gewinnen können.
Centurion Plus
Wenn Sie selbst ein Unternehmer mit Flüchtlings-, Migranten- und/oder Expat-Hintergrund sind oder Sie die letztgenannten Gruppen bei der Gründung eines Unternehmens in Deutschland oder Afrika unterstützen wollen, dann sind wir gerne bereit Sie mit Bezug auf rechtliche Belange zu unterstützen. Wir sind sowohl auf die Unterstützung multikultureller Unternehmen in Deutschland als auch auf die Unterstützung afrikanischer Unternehmen in Deutschland und auf die Unterstützung von Unternehmen in verschiedenen afrikanischen Rechtsordnungen spezialisiert. Unsere Unterstützung beginnt mit der Hilfe bei Einwanderungs- und Relocation-Angelegenheiten und hört damit nicht auf – Steuern, Tech, geistiges Eigentum…Sie haben uns gehört! Kontaktieren Sie uns noch heute und erfahren Sie mehr!