Theorien Aus Der Forschung Zeigen, Dass Das Problem Über ‘Haves’ Und ‘Have-Nots’ Hinausgeht…
Wie in einem unserer letzten Artikel hervorgehoben wurde, bedeutet die Tatsache, dass immer mehr afrikanische Frauen Zugang zu einem Bankkonto haben, nicht zwangsläufig, dass sie dieses auch aktiv nutzen und die Fähigkeit besitzen, darüber hinaus Verantwortung für ihr Finanzmanagement zu übernehmen. Diese Tatsache bedeutet also nicht unbedingt, dass der Zugang zu Finanzmitteln einfacher geworden ist, denn Bankkonten sind letztlich nutzlos, solange Unternehmerinnen weiterhin einen begrenzten Zugang zu Finanzmitteln und Krediten haben. Bei der Betrachtung von den Themen ‘Inklusion’ und ‘Exklusion’ in der digitalen Wirtschaft Südafrikas sollte man vielleicht hervorheben, dass die digitale Kluft durch Untersuchungen zur Technologie im Kontext verstanden werden muss. Wie Nyahodza und Higgs, zwei Wissenschaftler der Universität Kapstadt, argumentieren, spielen drei Faktoren, die nicht direkt mit der Technologie an sich zusammenhängen, eine wichtige Rolle, wenn es um die Förderung der ‘digitalen Inklusion’ geht: persönliche Faktoren (d. h. Fähigkeiten und Veranlagung), gesellschaftliche Faktoren (d. h. Transformation) und „die relative zahlenmäßige Dominanz der ‘Have-Nots’ im Vergleich zu den ‘Haves’”.
Wie die Forscher betonen, spielt sich die digitale Kluft in Südafrika auf lokaler Ebene ab und hängt mit der „unzureichenden IKT-Infrastruktur und -Qualifikation sowie der geringen und teuren Bandbreite” des Landes zusammen. Da die Mehrheit der nicht-weißen Bevölkerung Südafrikas immer noch mit Armut zu kämpfen hat, muss der Zugang zu digitalen Technologien nicht nur im Zusammenhang mit den drei oben genannten Faktoren, sondern auch im Zeitverlauf und als Spätfolge des Apartheidsystems bzw. der Post-Apartheid analysiert werden. Da die Politik der Apartheid-Ära den Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung und einem förderlichen Lernumfeld für Nicht-Weiße bis 1994 stark eingeschränkt hat – und möglicherweise auch darüber hinaus, wenn man das Argument der Forscher bedenkt, dass schlecht ausgebildete Lehrer die schwarze Bevölkerung des Landes weiterhin unterrichteten (d. h. schlecth ausgebildet wegen der Unzugänglichkeit mit der sie selbst konfrontiert waren). Eine angemessene Schulbildung und umfassende Anstrengungen zur Verbesserung der Zugänglichkeit (d. h. Armutsbekämpfung, bessere Infrastruktur, zuverlässige Energie-, Strom- und Internetverbindungen usw.) sind das Mindeste, was getan werden kann, um die digitale Kluft in Südafrika und die ‘digitale Apartheid’ nicht weiter zu verstärken.
Generell hat sich die Art und Weise, wie Forscher die digitale Kluft in Südafrika sowie die digitale Kluft zwischen Ländern des globalen Nordens und des globalen Südens betrachten, in den letzten Jahrzehnten ziemlich verändert. Wie Prof. Heeks vom Centre for Digital Development (CDD) an der Universität Manchester in einem seiner jüngsten Artikel argumentiert, wurden Begriffe wie die ‘digitale Ungleichheit’ zwar schon etwas früher erfunden, aber die aktuelle Forschung definiert diese Form der Ungleichheit nicht mehr durch ‘Haves’ und ‘Have-Nots’, sondern durch die Betrachtung von Unterschieden in: „[…] der Zugänglichkeit von Technologie[;] der Annahme von Technologie[;] die Nutzung von Technologie”. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Heeks versucht, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass ‘Zugang’ von vornherein in einem breiteren Sinne verstanden werden muss. Ungleichheit ist in gewisser Weise ein vager Begriff, der allzu oft als bipolar betrachtet wird, weshalb er wohl näher definiert werden muss. In Bezug auf Südafrika führt Heeks ein weiteres Argument an, nämlich dass die Arbeitnehmer in der ‘digitalen Gig-Economy’ mit einer „ungünstigen digitalen Eingliederung“ konfrontiert sind.
Anstatt davon auszugehen, dass der Zugang zu digitalen Technologien immer von Vorteil und somit das Endziel auf dem Weg zur ‘digitalen Gleichheit’ ist, muss die Einführung digitaler Technologien mit zusätzlichen Anstrengungen einhergehen, um zu verhindern, dass sie „bestehende rassische und wirtschaftliche Unterschiede verstärken und einen großen Teil des [afrikanischen] Kontinents vom Zugang zum Internet ausschließen”. Letzteres bedeutet, dass die Digitalisierung der Gesellschaft, des privaten und öffentlichen Lebens, der Arbeit und der Bildung von kohärenten und integrativen politischen Bemühungen begleitet werden muss. Beresford erinnert daran, dass „die politische Befreiung der schwarzen Südafrikaner […] nur der Anfang sein sollte […] viele stellten sich das ‘neue Südafrika’ als einen Ort vor […], an dem sie wählen konnten […], eine sichere Unterkunft, angemessene Lebensmittel, fließendes Wasser, gute Bildung, Zugang zur Gesundheitsversorgung und sozioökonomische Mobilität hatten”. Vor allem, da die digitale Innovation verschiedene Sektoren und eine Vielzahl grundlegender Dienstleistungen erobert, muss analysiert werden, wie die Interaktionen lokaler Gemeinschaften mit digitalen Technologien, Produkten und dem Internet zu neuen Formen der Diskriminierung beitragen.
Südafrika hat immer noch mit Diskriminierung und den Symptomen der Post-Apartheid zu kämpfen, und wenn es um die digitale Kluft geht, könnte eine mögliche vierte Dimension, die von Barnard-Ashton, Adams, Rothberg und McInerney hinzugefügt wurde und als ‘virtuelle Dimension’ bezeichnet wird, eine Rolle beim Verständnis dafür spielen, was derzeit und in den kommenden Jahrzehnten in Südafrika durch die Digitalisierung geschehen könnte. Zu dieser Dimension zählen die Forscher unter anderem das, was sie als ‘digitales Redlining’ bezeichnen. Als absichtlicher Akt der ‘digitalen Ausgrenzung’ wird digitales Redlining als das „Blockieren oder Herausfiltern von Gemeinschaften” als Folge der Entscheidung für vermeintlich effektivere Wege zur ‘Online-Sicherheit’ (d. h. zum Schutz vor Cyber-Angriffen) bezeichnet. Ähnlich wie beim digitalen Redlining, so argumentieren die Forscher weiter, neigen Vorurteile bei der Anzeige von Inhalten durch Suchmaschinen dazu, Inhalte herauszufiltern, die für lokale Gemeinschaften tatsächlich relevant sind. Letzteres erscheint besonders problematisch, da durch das Herausfiltern solcher Inhalte nützliche Interaktionen zwischen Gemeindemitgliedern und wichtigen Akteuren verhindert werden können. Solche Interaktionen können Einzelpersonen daran hindern, nützliche Informationen über lokale Dienstleistungen zu erhalten, und verhindern, dass lokale Unternehmer die Aufmerksamkeit anderer Gemeindemitglieder und von Investoren erhalten.
Ein drittes Beispiel, das im Zusammenhang mit digitalem Redlining erwähnt wurde, betrifft die Einführung des VUMA© high-speed fibre product A© von Vumatel in Südafrika. Wie in dem genannten Artikel dargelegt wird, müssen sich die Gemeinden im Voraus verpflichten, um über das letztgenannte Produkt Zugang zum Internet zu erhalten, und Gemeinden, in denen sich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung im Voraus für diesen Dienst verpflichtet, laufen Gefahr, insgesamt nicht für das Produkt in Frage zu kommen. Schließlich ergab die Studie der Forscher, dass sich Studenten aus höheren sozioökonomischen Schichten höhere Datenkosten leicht leisten können, während andere Studenten stattdessen auf öffentliche Netze angewiesen sind, was zu der Schlussfolgerung führt, dass ‘digitale Apartheid’ ein Problem ist, das in den kommenden Jahrzehnten wirksam angegangen werden muss. In Anlehnung an die Definition von Colin Powell wird digitale Apartheid als „der systematische Ausschluss bestimmter Gemeinschaften vom digitalen Zugang und von digitalen Erfahrungen durch politische und wirtschaftliche Maßnahmen und Praktiken” bezeichnet.
Zumal Ramaphosa in seiner Rede zur Lage der Nation 2019 betonte, dass er eine südafrikanische Smart City errichten möchte…In diesem Zusammenhang könnte es auch wichtig werden, sicherzustellen, dass eine solche Smart City zur sozioökonomischen Inklusion sowie zu einem besseren Zugang zu Dienstleistungen, gesellschaftlichem Wohlbefinden und (Geschäfts-)Netzwerken beiträgt. Im März 2021 wurde das South African Smart Cities Framework (SCF) mit der Absicht veröffentlicht, den politischen Entscheidungsträgern ein Verständnis für die lokalen Aspekte zu vermitteln, die bei der Gestaltung einer südafrikanischen Smart City berücksichtigt und einbezogen werden müssen. Wie aus dem Dokument hervorgeht, geht der Ursprung des Konzepts einer Smart City auf die 1990er Jahre zurück, als die Schaffung von Smart Cities unter anderem mit dem Ziel verbunden war, eine digitale und e-Governance-Infrastruktur aufzubauen und gleichzeitig HighTech-Investitionen und Innovationen anzuziehen. Neben Letzterem wurden intelligente Städte als solche assoziiert, die Probleme wie die Luftverschmutzung wirksam angehen.
Während die letztgenannten Ziele sicherlich immer noch gültig sind, ist das Konzept der intelligenten Stadt immer komplexer geworden. Man könnte argumentieren, dass Letzteres entweder auf ein gestiegenes Bewusstsein für unzählige, bereits bestehende gesellschaftliche Probleme oder auf eine Anhäufung weiterer gesellschaftlicher Herausforderungen zurückzuführen ist, die Wissenschaft, Politik, Unternehmen und Zivilgesellschaft gleichermaßen dazu veranlasst haben, neu darüber nachzudenken, wie ‘intelligente’ Städte gestaltet sein müssen. Wie der SCF mitteilt, lautet die offizielle Definition des British Standards Institute (BSI) wie folgt: „[d]ie effektive Integration physischer, digitaler und menschlicher Systeme in der bebauten Umwelt, um eine nachhaltige, wohlhabende und integrative Zukunft für ihre Bürger zu schaffen”. Im südafrikanischen Kontext müssen intelligente Städte das Problem der räumlichen Ungleichheit angehen. Wie im SCF dargelegt, sind menschliche Siedlungen beispielsweise das Ergebnis grassierender Probleme wie Arbeitslosigkeit, Armut, Ungleichheit, Kriminalität und Gewalt, wobei der digitale Zugang derzeit dem Muster der räumlichen Ungleichheit folgt. Allgemein muss betont werden, dass menschliche Siedlungen wohl vor allem eine Folge der Apartheid.
In Südafrikas ‘Nationalem Entwicklungsplan: Vision für 2030’, in dem die Notwendigkeit hervorgehoben wird, bis 2050 „keine […] Armutsfallen in ländlichen Gebieten und städtischen Gemeinden, isolierte Arbeiter an der Peripherie der Städte, von Slumlords und Kriminalität kontrollierte Innenstädte, […] Energie und Geld für das tägliche Pendeln, verfallende Infrastruktur mit Stromausfällen” usw. zu haben, wurde das südafrikanische Verständnis einer intelligenten Stadt als eines, das auf Inklusivität basiert, hervorgehoben. Wie aus dem SCF hervorgeht, muss die südafrikanische Definition von Smart Cities folgende Punkte berücksichtigen:
- Sie sollte für alle intelligent sein;
- Sie sollte die Technologie eher als Ermöglicher denn als Treiber nutzen;
- Sie sollte vom lokalen Kontext geprägt sein und auf diesen reagieren;
- Sie sollte sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Gemeinschaft orientieren;
- Sie sollte Innovation, Partnerschaften und Zusammenarbeit fördern;
- Sie sollte nachhaltig, widerstandsfähig und sicher sein.
Nachdem diese Grundsätze als Eckpfeiler von Smart Cities festgehalten wurden, betont der SCF auch, wie Smart Cities die digitale Kluft und digitale Apartheid bekämpfen müssen. Um nur einige Beispiele zu nennen. Smart Cities müssen: mit Blick auf die Tatsache geschaffen werden, dass nicht alle Mitglieder der Gesellschaft technisch versiert sind; nach sorgfältiger Entwicklung eines intersektionellen Verständnisses des Zugangs zu IKT und den dazugehörigen Produkten und Dienstleistungen (d.h. durch Analysen, wie sich beispielsweise Behinderungen, Alter und Mobilität überschneiden) designed werden; mit Blick dafür, dass Technologien den Bürgern, ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen gut dienen aufgestellt werden; ein Verständnis dafür zeigen, wie Individuen Technologien nutzen und dies muss auch in ihr Design einfließen. Während die letztgenannten Kriterien sicherlich eine Rolle bei der Überwindung der digitalen Kluft in Südafrika spielen könnten, ist bei der Aussage, dass „keine Technologien eingesetzt werden sollten, die die armen und gefährdeten Gruppen weiter ausgrenzen”, Vorsicht geboten. Letzteres ist zwar absolut relevant und sinnvoll, sollte aber von den politischen Entscheidungsträgern nicht als Ausrede benutzt werden, um sich der Verantwortung zu entziehen, geeignete IKT- und Technologielösungen für jedermann zu finden, zu erfinden und zu entwickeln, oder um sich der Verantwortung zu entziehen, den IKT-Zugang durch die Arbeit an anderen gesellschaftlichen Themen (z. B. Infrastruktur, Wohnungsbau, Energie, Strom usw.) zu ermöglichen.
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