Die COVID-19-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich von der traditionellen Kanzleistruktur wegzubewegen und zum „NewLaw” überzugehen. Wir erklären, was dieser Begriff bedeutet und was seine Hauptmerkmale sind.
Wofür steht das NewLaw Modell?
Viele Firmen im Bereich der Rechtsberatung, die neu in der Branche sind, bezeichnen sich selbst als „NewLaw”. Aber was bedeutet eigentlich NewLaw und was bringt es wirklich mit sich?
Es gibt keine allgemeingültige Definition von „NewLaw”, da der Begriff weit gefasst ist und auf unterschiedliche Weise definiert und angewandt werden kann.
Eric Chin hat NewLaw im Jahr 2013 wie folgt definiert: „Jedes Modell, Verfahren oder Instrument, das einen wesentlich differenzierten Ansatz für die Schaffung oder Bereitstellung von Rechtsdienstleistungen darstellt als das, was die Rechtsberufe traditionell anwenden”. (Quelle: ALPMA).
Vorteile des NewLaw Konzepts
Das NewLaw Modell unterscheidet sich von der traditionellen Erbringung von Rechtsdienstleistungen vor allem in drei Bereichen: in der Art und Weise, wie Firmen Kunden gewinnen, der Art und Weise, wie die Arbeit erledigt wird und der Art und Weise, wie die Firma geführt wird.
Aufbau eines Mandantenstamms
In einer traditionellen Anwaltskanzlei verlassen sich die Partner in der Regel auf die altmodische Art und Weise, Mandanten zu gewinnen, die hauptsächlich durch Networking, individuelle Reputation und persönliche Beziehungen erfolgt. Dies ist einer der Gründe, warum traditionelle Kanzleien zögern, die Methode der abrechenbaren Stunden aufzugeben, da sie ihren Mehrwert und ihre Vergütung noch immer an dem Zeitaufwand der einzelnen Anwälte bemessen.
Im Gegensatz dazu gewinnen NewLaw Firmen ihren Kundenstamm wie in anderen Branchen durch Marketing, Geschäftsentwicklung und ein Alleinstellungsmerkmal. Der Mandantenstamm wird durch die Bekanntheit der Kanzleimarke aufgebaut, nicht durch individuelle Netzwerke oder persönliche Beziehungen. Dies bedeutet, dass es einer NewLaw Firma leicht fallen sollte, von zeitbasierten Abrechnungen wegzukommen, da der Kunde den Dienstleister für ein bestimmtes Ergebnis beauftragt.
Kosteneffizienz statt Zeitabrechnung
NewLaw verändert auch die Art und Weise, in der die juristische Arbeit durchgeführt wird. In einer traditionellen Kanzlei akquirieren die Partner neue Mandate. Die anfallenden juristischen Aufgaben werden normalerweise von den Senior Associates übernommen, die sie weiter an Junior Associates und vereinzelt an Praktikanten zur Erledigung geben. Im Wesentlichen sind es also die Junioranwälte, die die meiste Arbeit erledigen. Anschließend überprüft der Senioranwalt die Arbeit, nimmt alle notwendigen Änderungen vor, führt die Aufgabe eventuell erneut aus bevor er sie an den Partner übergibt. Zum Abschluss überprüft der Partner dann ein letztes Mal die Arbeit.
Das Problem bei dieser Partnerstruktur ist, dass der Mandant nach Zeitaufwand für die Rechtsberatung zahlt. Da die Arbeit durch so viele Hände gegangen ist, fällt der Zeitaufwand höher aus als nötig.
Ein weiteres großes Problem bei diesem Modell besteht darin, dass Stundensätze Ineffizienz fördern. Rechtsanwälte werden so gut bezahlt, damit sie sich Zeit nehmen. Folglich ist das beste Ergebnis für die Kanzlei oft das schlechteste Ergebnis für den Mandanten. Die Kanzlei wird dazu angeregt, langwierige Verhandlungen zu führen und unnötige Verfahrenspunkte anzusprechen, um die Stundenzahl zu erhöhen.
NewLaw geht die Dinge jedoch anders an. NewLaw Firmen entfernen sich von Stundensätze und schaffen Anreize, die Kosteneffizienz zu steigern, um eine Marge zu erzielen. Ein schnelleres, besseres Ergebnis für den Mandanten bedeutet mehr Geld für die Kanzlei. Diese Veränderung der Anreize treibt Investitionen in Technologie, Prozessverbesserungen und neue Arbeitsweisen voran, die einen nachhaltigen Wert schaffen.
Ein letzter, aber wichtiger Unterschied zwischen den beiden Modellen ist die Preisgestaltung und Abrechnung. NewLaw Firmen tendieren dazu, sich auf alternative Abrechnungsmodelle zu konzentrieren, d.h. Abrechnung auf Projektbasis oder eine feste Gebühr für die Dienstleistungen. Dieses Gebührensystem bietet den Kunden eine vorhersehbare Kostenstruktur.
Kanzleiführung und Struktur
New Law verändert außerdem die Art und Weise, in der die Kanzlei geführt wird.
Eine traditionelle Anwaltskanzlei ist von einer starren Partnerschaftsstruktur geprägt. Dies bedeutet, dass die Partner den Anreiz haben ihren Jahresumsatz zu steigern, ohne eine langfristige Vision zu verfolgen. Bei einer Partnerschaftsstruktur wird in der Regel der gesamte Gewinn aus der Kanzlei herausgenommen, ohne Anreize für Investitionen in laufende Verbesserungen zu setzen. Im Wesentlichen wird die Firma für die Partner und nicht für die Mandanten gegründet. Dieses Modell initiiert Wettbewerb unter den Anwälten. Sie werden motiviert, Equity-Partner zu werden, indem sie ihre eigene Praxis aufbauen, oft unter Ausschluss des Restes der Kanzlei. Das Ergebnis ist eine Kanzlei von Anwälten, die nicht unbedingt Betriebswirte sind, und die Firma für sich selbst führen.
Bei dieser traditionellen Struktur ist es schwierig, die Rentabilität zu erhöhen. Die kurzfristige, eng fokussierte Einstellung führt dazu, dass die Kanzlei nicht in der Lage ist, sich zu verändern oder anzupassen. Um Gewinne zu kapitalisieren, ist die Kanzlei also gezwungen, entweder mehr Stunden in Rechnung zu stellen, die Stundensätze zu erhöhen oder den Mitarbeitern weniger zu zahlen.
Das NewLaw-Konzept verwendet jedoch eine andere Struktur. Die Firmen werden von Nicht-Juristen geführt oder sind eine eingetragene Rechtsanwaltskanzlei (ILP). Der Schlüssel liegt in der Strukturierung mit Fokus auf die Reinvestition in das Unternehmen und seine Funktionsweise. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf langfristigem Denken und einem „Client first”-Ansatz.
NewLaw Firmen verzichten auf das „Pyramiden-Partnerschaftssystem”, weil dieses nicht mit der Senkung der Fixkosten vereinbar ist. NewLaw-Firmen finden andere innovative Methoden, um Anwälte für hervorragende Leistungen und Kundenzufriedenheit zu belohnen.
In erster Linie werden NewLaw Firmen durch Kapitalinvestitionen angetrieben. Die Kombination von Kapitalinvestitionen und juristischer Technologie bedeutet, dass die Firmen ein hohes Wachstum anstreben, ohne sich um Margen zu kümmern. Das ist großartig für die Kunden und macht es für traditionelle Firmen schwierig, im Wettbewerb zu bestehen.