Was bedeutet der Begriff Life Sciences?
Der Sektor Life Sciences umfasst die Bereiche Medizin, Medizintechnik, Biomedizin, Biochemie, Molekularbiologie, Biophysik, Bioinformatik, Pharmakologie, Agrochemie und Ernährungswissenschaften. Vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie sind Life-Science-Unternehmen und ihre Produkte und Dienstleistungen noch stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Insbesondere die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Virus und die Unternehmen, die Entwicklung beteiligt waren, standen im Fokus der deutschen Medien und der Bevölkerung. Darüber hinaus war die Branche für die Produktion von Covid-Tests, Masken und Atemschutzgeräten verantwortlich. Infolgedessen erlebten diese Firmen im Jahr 2020 ein enormes öffentliches Interesse sowie eine erhöhte Nachfrage nach ihren Produkten.
Überblick über den deutschen Gesundheitsmarkt
Mit der alternden Bevölkerung in vielen Ländern wird die Gesundheitsversorgung zu einem zentralen Thema. Daher investiert Deutschland kontinuierlich in diesen Sektor. Der deutsche Gesundheitsmarkt ist der größte innerhalb Europas, gemessen am Marktvolumen, der Anzahl der Patienten, der Medizintechnikhersteller und der Gesundheitsdienstleister. Im Jahr 2019 werden in diesem Sektor rund 400 Mrd. € ausgegeben, was einer Steigerung von 4% in den letzten 10 Jahren entspricht. Der Großteil dieser Ausgaben entfällt auf die Behandlung chronischer und langfristiger Krankheiten.
Das Beratungsunternehmen McKinsey prognostiziert, dass die deutschen Gesundheitsausgaben aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung in den kommenden Jahren jährlich um weitere 4% wachsen werden. Branchenexperten schlagen daher vor, die Digitalisierung in diesem Sektor zu verstärken, um Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern.
Insgesamt gehören mehr als 12.000 Unternehmen der Life-Sciences-Branche zur Medizintechnik, rund 500 sind im Bereich Pharma und mehr als 800 in der Biotechnologie tätig. Bemerkenswert ist, dass es sich bei der Mehrzahl dieser Unternehmen um kleine und mittelständische Betriebe handelt.
Die Covid-19-Pandemie hat bewiesen, dass Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ein stabiles Gesundheitssystem vorweisen kann, insbesondere in Bezug auf die Infrastruktur, Krankenhausbetten und das gut ausgebildete Personal. Der Gesundheitsmarkt beschäftigt 7,5 Millionen Menschen und ist mit einem Exportwert von 126 Milliarden € einer der größten Wirtschaftszweige Deutschlands.
Forschungseinrichtungen
Deutschland ist bekannt für seine engen Beziehungen und Kooperationen zwischen Unternehmen und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen. Einige dieser weltbekannten Einrichtungen sind das Fraunhofer-Institut, einschließlich der Abteilung Biomedizin-Technik, die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, das Robert-Koch-Institut (RKI), das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und die Leibniz-Gemeinschaft. Insgesamt bieten 40 deutsche Hochschulen Studiengänge im Bereich der Medizin- und Biotechnologie an.
International anerkannte Forscher aus Forschungseinrichtungen und privaten Forschungsunternehmen bilden eine solide Basis für die Entwicklung von klinischen Therapien und Impfstoffen. Aus diesem Grund hat nach dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie Anfang 2020 eine große Zahl deutscher Forschungsunternehmen mit der Arbeit an einem Impfstoff begonnen.
Internationale Investitionen
Die große Nachfrage nach dem Bereich Life-Sciences und Produkten aus dem Gesundheitswesen sowie die günstige Lage im Herzen Europas locken ausländische Investoren und Unternehmen nach Deutschland. Hier gründen sie neue Niederlassungen und bauen damit ihre europäische Präsenz aus.
In Bezug auf Covid-19 hat die globale Suche nach Impfstoffen und Medikamenten bewiesen, wie schnell Forschungsentwicklung betrieben werden kann, wenn globale Akteure zusammenarbeiten und die ganze Welt ihre Ergebnisse erwartet. Ein Beispiel ist das deutsche Pharmaunternehmen BioNTech, das mit dem globalen Pharmariesen Pfizer und dem asiatischen Partner Fosun Pharma zusammenarbeitete. Sie waren die ersten, die positive Ergebnisse aus ihrer klinischen Studie für einen Covid-19-Impfstoff präsentierten.
Die Beteiligung deutscher Unternehmen an der Impfstoff- und Medikamentenentwicklung unterstreicht das hohe Ansehen deutscher Unternehmen in Bezug auf Forschung, Entwicklung, Produktion, Infrastruktur und Ressourcen für den Gesundheits- und Life-Science-Bereich.
Im Januar 2021 startet das Rahmenprogramm für Innovation und Forschung „Horizon Europe“. Diese Initiative unterstützt europäische Partnerschaften in verschiedenen Sektoren, darunter auch der Fokus auf die Gesundheitswirtschaft insbesondere die Krebsforschung.
Einmal im Jahr findet in Deutschland die weltweit größte Messe im Bereich Gesundheit und Life Science statt, die MEDICA. Die Veranstaltung konzentriert sich auf Medizintechnik, Gesundheit, Pharmazeutika und die medizinische Zulieferindustrie und bringt Partner, Mitarbeiter, Einkäufer und Lieferanten aus der ganzen Welt zusammen.
Innovation und Wandel
Kaum eine Branche verändert sich so schnell und tiefgreifend wie die Gesundheits- und Life-Science-Branche. Insbesondere künstliche Intelligenz (KI), Big Data und die Digitalisierung im Allgemeinen revolutionieren die Branche und ebnen ihren technologiebasierten Wandel. Laut einer von der Unternehmensberatung Deloitte durchgeführten Studie haben mehr als 60% der globalen Life-Science-Unternehmen mehr als 16 Millionen € in den Bereich KI-Forschung investiert und erwarten, dass sie diesen Aufwand in Zukunft noch erhöhen werden. Diese Unternehmen setzen KI ein, um ihre Prozesse effizienter zu gestalten und die Qualität ihrer Produkte zu erhöhen. Im Kontext der Covid-19 Pandemie haben Biopharma-Unternehmen KI in die Forschung und Entwicklung von Medikamenten integriert, indem sie beispielsweise nach potenziellen Kandidaten für die Erprobung von Medikamenten und Impfstoffen suchen. Darüber hinaus kann KI die Erschwinglichkeit und einen verstärkten Fokus auf die Personalisierung von Gesundheitsprodukten sicherstellen.
Herausforderungen der Branche
- Strenge regulatorische Anforderungen an Unternehmen, die in der Gesundheits- und Life-Science-Branche tätig sind, durch deutsche und EU-Richtlinien und Sicherheitsvorschriften
- Suche nach hochqualifizierten, wissenschaftlich orientierten Arbeitskräften, die sich schnell an Veränderungen anpassen können
- Lange Lebenszyklen der Produktentwicklung → bis zu 12 Jahre
Boomender E-Health-Markt
In Zukunft wird KI nicht nur im Life-Science-Sektor eine wichtige Rolle spielen, sondern auch das Gesundheitswesen im Allgemeinen beeinflussen. Insbesondere der sichere Austausch und die Digitalisierung von Patientendaten wird in Zukunft die Qualität der Gesundheitsversorgung erhöhen und die Kosten senken. Da die deutsche Bevölkerung, insbesondere die jüngeren Generationen, in den letzten Jahren zunehmend ein Gesundheits- und Fitnessbewusstsein entwickelt haben, sind sie offen für innovative neue Lösungen zu diesen Themen. Marktveränderungen bieten neue Chancen für Start-ups und etablierte Akteure, die durch Investitionen in die Digitalisierung genutzt werden können. So hat der Deutsche Bundestag 2019 das Digitalisierungsgesetz (DVG) zur Förderung digitaler Gesundheitsanwendungen verabschiedet.
Während Covid-19 hat ein Teil der E-Health Branche, die Telemedizin, eine enorme wachsende Nachfrage erlebt. Telemedizin steht für Diagnose- und Therapiemaßnahmen durch den Einsatz von Telekommunikation. Ziel ist die Überbrückung von Entfernungen und Zeitintervallen zwischen Arzt und Patient oder zwischen konsultierenden Ärzten. Telemedizin mindert Probleme wie den Mangel an medizinischem Personal in ländlichen Gebieten oder Entwicklungsländern, da Patienten über Videoanrufe Zugang zu virtuellen Konsultationen mit Fachärzten haben. Laut einer Studie von PwC können sich mehr als die Hälfte der Bevölkerung vorstellen, mit ihrem Arzt per Video zu kommunizieren, anstatt in seine Praxis zu kommen. Dies würde es den Ärzten ermöglichen, mehr Fälle zu behandeln und den Patienten Zeit im Wartezimmer zu ersparen.
Die digitale Patientenakte
Das derzeit relevanteste Thema des deutschen Gesundheitssystems ist die digitale Patientenakte. Laut einer Studie von McKinsey würde die Einführung einer einheitlichen digitalen Patientenakte die Ausgaben im Gesundheitswesen um mehr als 6 Mrd. € senken. Länder wie Österreich haben die elektronische Patientenakte bereits erfolgreich eingeführt. Dabei werden alle Patienteninformationen und -dokumente digital erfasst und allen Gesundheitsdienstleistern und -einrichtungen zur Verfügung gestellt. Auch elektronische Rezepte und künstliche Intelligenz zur Unterstützung der Ärzte sollen das Gesundheitswesen vereinfachen, seine Effizienz steigern und Kosten senken.
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