Über das Privileg Als ‘Qualifiziert’ Zu Gelten – Eine Neukonzeption Der Migrationspolitik Mit Schwerpunkt Auf Den ‘Aufbau von Kompetenzen’
Seit letztem Monat kam es zu Diskussionen über die Ankündigung der südafrikanischen Regierung, „die Ausnahmebewilligung für Simbabwer (ZEP) zu widerrufen, die rund 180,000 simbabwische Einwanderer [derzeit] besitzen”, wie Gamuchirai Masiyiwa in einem Artikel im Global Press Journal (GPJ) berichtete. Die Regierung hat zwar die „Möglichkeit, ein Visum und/oder eine Befreiung von der Visumspflicht zu beantragen […] vom 31. Dezember 2022 bis zum 30. Juni 2023” verlängert, doch das bedeutet leider nicht, wie Simba Chitando im September 2022 gegenüber SABC News erklärte, dass auch der ZEP verlängert wird. Chitando, der die Zimbabwean Exemption Permit Holders Association vertritt und als Anwalt am High Court of South Africa arbeitet, betonte jedoch, dass eine frühere Entscheidung, die Simbabwer in Südafrika von ihren Bankkonten abgeschnitten hätte, im Dezember 2021 ebenfalls zurückgenommen wurde, was darauf hindeutet, dass weitere Neuverhandlungen in Bezug auf den ZEP zumindest bis zu einem gewissen Grad denkbar sind.
Wie der Anwalt in einem Gespräch mit SABC News weiter ausführte, haben Simbabwer in jüngster Zeit mit Anfeindungen in Südafrika zu kämpfen, wo fremdenfeindliche Gewalt und die Aufforderung an ‘Ausländer’, an Straßensperren ihre Papiere vorzuzeigen, von Spannungen durch einwanderungsfeindliche Bürgerwehren weiter beschwert wurden, wobei Letztere „behaupte[ten], die Gemeinden von Kriminalität zu befreien”, während sie in Wirklichkeit zu Unrecht Einwanderer für einige der grundlegenden Probleme in der südafrikanischen Gesellschaft, wie die Arbeitslosenkrise des Landes, verantwortlich machen. Wie Chitando bemerkte, könnten solche Spannungen wahrscheinlich vermieden werden, wenn simbabwische ZEP-Inhaber (einschließlich derer, deren ZEP-Genehmigung bereits abgelaufen ist) eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung erhalten würden. Statt weitere Spannungen zu erzeugen, wo sie nicht nötig sind, schlug Chitando vor, dass die Regierung ihre Bemühungen auf die Bewältigung der eigentlichen Herausforderungen konzentrieren sollte, nämlich die Wirtschaftskrise Südafrikas und das Problem der illegalen Einwanderung. Unabhängig davon, ob man Chitando zustimmt oder nicht, sollte der südafrikanische Ansatz zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung auf jeden Fall im Zusammenhang mit der Schaffung neuer politischer Rahmenbedingungen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung und zur Schaffung von Möglichkeiten für Mobilität und Austausch im Zuge der Weiterentwicklung der AfCFTA analysiert werden. Wie der südafrikanische Polizeidienst (SAPS) im August 2022 mitteilte,
„Es wurde festgestellt, dass (158) Passagiere ohne ordnungsgemäße Papiere in die Republik Südafrika einreisten […] in einem Konvoi von (13) Toyota Quantums, einem grauen Toyota Regious, einem roten Volkswagen Golf und einem grauen BMW 523i […wobei auch] Schüsse abgegeben wurden”
SAPS, Juni 2022
Solche Vorfälle zeigen wohl, dass die Gesetze zur (Im-)Migration geändert werden müssen und dass die ‘legalen Wege’ weiter geöffnet werden müssen. Wie der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa am 30. August 2022 gegenüber SAnews, der Nachrichtenagentur der südafrikanischen Regierung, erklärte, müssen illegale Migration und die Migration an sich durch die Hände des Gesetzes angegangen werden, wobei „Akte der Gesetzlosigkeit, Einschüchterung oder Demütigung gegenüber ausländischen Staatsangehörigen, ob mit oder ohne Papiere, nicht toleriert werden können”. Da die SAPS, die südafrikanischen nationalen Verteidigungskräfte (SANDF), das südafrikanische Department of Employment and Labour (DEL) und das Department of Transport (DOT) bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung zusammenarbeiten, sollte Südafrika, wie jedes andere Land auch, die Möglichkeiten ausloten, nicht qualifizierten Migranten die Einreise ins Land zu ermöglichen um neben qualifizierten Arbeitskräften einen positiven Beitrag zu leisten.
Wie Joan Halstein, eine unabhängige Politikanalystin und Wirtschaftswissenschaftlerin aus Kanada, in einem Artikel auf der Website des Programms ‘Southern Africa – Towards Inclusive Economic Development (SA-TIED)’ vom Juli 2021 anmerkt, ist die (hoch-)qualifizierte Auswanderung aus Südafrika in andere Regionen ein zunehmendes Phänomen, wobei die Tendenz anhält, dass Südafrika mehr qualifizierte Arbeitskräfte verliert als es aufnimmt und 75% der Einwanderer aus anderen afrikanischen Ländern kommen. Wie Halstein in einem damit zusammenhängenden Arbeitspapier weiter ausführt, ist der Arbeitsmarkt des Landes weitgehend durch einen Bestand an angelernten Arbeitskräften gekennzeichnet (‘semi-skilled’). Während die Entwicklung des Humankapitals in Südafrika besser aussah als in China und Indien, blieb es 2017 dennoch hinter zwei anderen BRICS-Ländern, nämlich Brasilien und Russland, zurück. Aber was kann geändert werden und was könnten die Gründe dafür sein?
Laut Halstein hat ein Ranking für 2020 ergeben, dass die fünf besten Universitäten Afrikas in Südafrika angesiedelt sind. Während man natürlich betonen möchte, dass Fähigkeiten auch außerhalb von Universitäten erworben werden können (d. h. dies sollte nicht per se als Messkriterium für eine solche Unterscheidung dienen), deutet dieses Faktum darauf hin, dass die afrikanischen Länder möglicherweise zusammenarbeiten müssen, um ihre Bildungspolitik und ihre Bildungseinrichtungen besser aufeinander abzustimmen um schließlich auch einen gleichberechtigten Zugang zu ihnen zu ermöglichen. Neben einem möglichen Bedarf an besser abgestimmten Bemühungen in den Bereichen (Im-)Migration, Bildung und Inklusion weist Halsteins Argument auf die Notwendigkeit hin, auch den Bildungszugang für die einheimische Bevölkerung Südafrikas zu verbessern. Wie die Delegierten auf der 77. Tagung der UN-Generalversammlung betonten, beginnt die Verbesserung des Bildungszugangs mit der Grundschulbildung – darüber hinaus muss sie auch mit dem Verständnis dafür einhergehen, dass mehrere Krisen (z. B. humanitäre Krisen, Klimawandel, Wirtschaftskrisen usw.) die Möglichkeit, Bildung zu erhalten (d. h. remote oder in Person), in Frage stellen. Da Südafrika mittel- bis langfristig auf eine auf erneuerbaren Energien basierende Energiezukunft zusteuert, muss darüber hinaus erörtert werden, wie die Arbeitsplätze, die zur Förderung der Energiewende, des Wirtschaftswachstums und der sozioökonomischen Gleichheit geschaffen werden, auch auf die Bedürfnisse von (Im-)Migranten ausgerichtet werden können, beispielsweise indem gezielt für sie Schulungen und bereichsspezifische Qualifizierungsmaßnahmen angeboten werden.
Während die Unterstützung durch die Just Transition Energy Partnership (JETP) sowie die kürzlich angekündigte zusätzliche Investition der deutschen Regierung in Höhe von €320 Mio. darauf abzielen, Südafrika bei der Energiewende zu unterstützen, wurden weitere €35 Mio. für die Arbeit an einer Reihe von Themen bereitgestellt, wie z. B. die Schaffung besserer Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen, auch im digitalen Bereich, die Arbeit an der Impfstoffproduktion und -logistik sowie die Bekämpfung von Gewalt. €21 Mio. wurden dabei konkret für die Gewaltprävention bereitgestellt, wobei die deutsche Regierung die besondere Bedeutung der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und von Gewalt in Townships hervorhob. Die internationale Gemeinschaft, die Südafrika in seinen Entwicklungsbemühungen unterstützt, sollte auch berücksichtigen, dass fremdenfeindliche Gewalt gegen Migranten möglicherweise durch eine multidisziplinäre Antwort angegangen werden muss.
Wenn die ZEP-Genehmigung in Zukunft keine Option für Simbabwer sein wird, muss die Migrationspolitik als solche wohl integrativer werden. Wie das südafrikanische Department of Home Affairs (DHA) darlegt, ist der dauerhafte Aufenthalt derzeit an eine Reihe von Kriterien gebunden, die erfüllt werden müssen. Zu diesen Kriterien gehören beispielsweise die finanzielle Unabhängigkeit, das Vorhandensein „außergewöhnlicher Fähigkeiten und Qualifikationen” und die Abwesenheit der „Unterstützung einer Organisation, die den Rassenhass oder die soziale Gewalt praktiziert”. Im Einwanderungsgesetz Nr. 13 aus dem Jahr 2022 (‘Immigration Act No. 13 of 2022’) heißt es weiter, dass Südafrika in den Fällen, in denen keine Aufenthalts- oder Asyl-/Arbeitserlaubnis erteilt wurde, „ein Klima in der Republik fördern [soll], das illegale Ausländer zur freiwilligen Ausreise ermutigt”. Dies ist wohl auch eine der Tücken der derzeitigen Migrationspolitik. Den Vorschriften zufolge muss bei der Beantragung einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung eine gültige befristete Aufenthaltsgenehmigung vorgelegt werden, auch wenn illegale Einwanderer in manchen Fällen vielleicht sogar über einen längeren Zeitraum einen Beitrag zur südafrikanischen (lokalen) Wirtschaft geleistet haben.
Insbesondere dann, wenn Migranten beschuldigt werden, „‚Arbeitsplätze zu stehlen’”, sollte man sich auch bemühen, nachzuweisen, wo sie solche geschaffen oder zur lokalen Wirtschaft beigetragen haben. Es lässt sich natürlich nicht leugnen, dass es schwierig sein wird, eine solche Wirkung nachzuweisen, solange die Aussicht auf Abschiebung bestehen bleibt. Unabhängig davon, ob man der letztgenannten Behauptung mit dem Argument der Praktikabilität oder der Grenzsicherheit entgegentreten kann oder nicht, bleiben auch einige weitere Kritikpunkte bestehen. Erstens scheint es von zunehmender Bedeutung zu sein, das Kriterium ‘finanzielle Unabhängigkeit’ neu zu konzeptualisieren. In Anbetracht der Tatsache, dass Südafrika unter einer Wirtschafts- und Inflationskrise leidet, sollte erörtert werden, ob die finanzielle Unabhängigkeit in Bezug auf die nationale Situation festgelegt werden sollte und weiterhin daran geknüpft werden sollte, ob eine Person bereit wäre, sich für Arbeits-/Ausbildungsmöglichkeiten in Südafrika zu engagieren, die im Rahmen der Umstellung auf erneuerbare Energien in Zusammenarbeit mit anderen Ländern und multinationalen/ausländischen Unternehmen und Interessengruppen geschaffen werden könnten. Zweitens müssten im Hinblick auf das südafrikanische Arbeitsvisum für Arbeitssuchende (‘Jobseeker Work Visa’) die panafrikanischen demografischen Gegebenheiten berücksichtigt werden, insbesondere im Hinblick auf die Zugänglichkeit und Qualität der Bildung.
Letzteres bedeutet, dass die alleinige Zulassung von Asyl- bzw. Visabewerbern mit einem Bachelor-Abschluss tendenziell bereits privilegierte Gesellschaftsmitglieder zu berechtigen scheint, und obwohl es sinnvoll ist, dass die Bewerber den Besitz ausreichender Geldmittel nachweisen müssen, sollte es angesichts des wirtschaftlichen Abschwungs in mehreren afrikanischen Ländern alternative Wege geben (z. B. durch ein ‘Kickstart-Programm’, das eine befristete Arbeitsmöglichkeit mit der Möglichkeit der Arbeitssuche bietet, während Bewerber bereits im Land sind). Drittens gilt für das ‘Critical Skills Visa’ das Gleiche wie für das Jobseeker Work Visa. Wenn der Besitz von ‘kritischen Fähigkeiten’ an einen Hochschulabschluss gebunden ist, dann könnte übersehen werden, dass die Energiewende eine Reihe von qualifizierten und ‘spezifisch qualifizierten’ Arbeitskräften erfordert. Vor allem, weil die AfCFTA die Mobilität zwischen den afrikanischen Ländern fördern soll, muss auch erörtert werden, welche Rolle Migration, Bildung und Beschäftigung in all den Instrumenten spielen werden, die den panafrikanischen Handel vorantreiben werden. Unabhängig davon, ob das EU-Modell funktioniert und im Interesse Afrikas wäre, kann nicht geleugnet werden, dass das Ignorieren bestimmter Aspekte des Rades der Mobilität und des Handels zu Unwirksamkeit oder zumindest zu Ineffizienz führen wird.
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