Deutschland ist der größte Verbrauchermarkt in Europa mit einem Bruttoinlandsprodukt von 3,386 Milliarden € und einer Kaufkraft von 1,893 Milliarden €. Damit bietet der Einzelhandelssektor nach wie vor eine Fülle von Möglichkeiten für neue Geschäfte, Handel und Investitionen.
In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf den deutschen Einzelhandelssektor, die Auswirkungen von Covid-19 und den Trend zum Online-Shopping sowie auf aufstrebende deutsche Start-ups aus diesem Bereich.
Der deutsche Einzelhandelssektor auf einen Blick
Der Einzelhandel gehört zu den Top-3-Branchen in Deutschland mit einem Gesamtjahresumsatz von 525 Milliarden € im Jahr 2018 und täglich 50 Millionen Kunden.
Das meiste Geld geben die Deutschen für folgende Kategorien aus: Lebensmittel, Getränke, Tabakwaren, Bekleidung, Schuhe, Kosmetika, Körperpflegeprodukte, Möbel, Haushaltsgeräte und Freizeitartikel wie Uhren und Accessoires.
Insgesamt gehören rund 300.000 Unternehmen zum deutschen Einzelhandel, die meisten davon sind kleine und mittelständische Unternehmen. Die Branche beschäftigt rund 3,261 Millionen Menschen. Rund 20 % der Einzelhandelsunternehmen planen, ihre Investitionen in Zukunft zu erhöhen. Der Großteil der Investitionen wird in den Bereichen Marketing, Geschäftsausstattung, Weiterbildung oder im Bereich E-Business erfolgen.
Vor allem der Absatz von Produkten, die nachhaltig, fair gehandelt oder biologisch sind, ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Im Jahr 2019 wurden mit regionalen Produkten 32 Mrd. €, mit Bio-Produkten 12 Mrd. €, mit veganen Optionen 2 Mrd. € und mit Fair-Trade-Produkten 1,3 Mrd. € umgesetzt. Ein weiteres wachsendes Segment im Jahr 2019 waren natürliche Kosmetikprodukte im Wert von 2,6 Mrd. €, was fast 20 % des gesamten Beautymarktes ausmacht.
Ein ähnlicher Umsatzsprung entfällt auf das E-Commerce-Segment. Im Jahr 2019 erwirtschaftete der Onlinehandel in Deutschland einen Umsatz von fast 60 Mrd. €. Infolgedessen prognostizieren 55 % der stationären Einzelhandelsunternehmen, dass die Anzahl der Kunden in den Geschäften in Zukunft höchstwahrscheinlich abnehmen wird, da mehr Menschen online einkaufen. Darüber hinaus erwarten 48 % der deutschen Einzelhandelsunternehmen eine Verringerung der durchschnittlichen Ladenfläche als Folge des Online-Shopping-Booms.
Insgesamt haben 9 von 10 stationären Einzelhandelsunternehmen digitale Lösungen in ihre Arbeitsprozesse integriert. Nur sehr kleine Unternehmen nutzen keine digitalen Anwendungen. Die relevantesten Bedenken in Bezug auf Online-Shops sind Zeitmangel, zu wenig Personalressourcen, Kosten oder rechtliche Fragen, z.B. die Folgen von neuer Regulierungen für den Onlinehandel.
Covid-19 und der deutsche Einzelhandel
Die Digitalisierung beeinflusst viele Branchen und Sektoren in Deutschland, insbesondere den stationären Handel. So setzen immer mehr Einzelhändler auf Multi-Channel-Strategien. Die Covid-19-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen und Maßnahmen haben diesen Trend weiter verstärkt und den Übergang zum E-Commerce beschleunigt. Nach einem Jahrzehnt des Wachstums für den stationären Einzelhandel erlebt die Branche im Jahr 2020 einen starken Rückgang. Während des Jahres 2020 und Anfang 2021 waren die Geschäfte für mehrere Monate komplett geschlossen oder die Kunden mussten einen negativen Covid-Test vorlegen, um die Geschäfte in Deutschland betreten zu können. Daher war es für viele Kunden bequemer, online einzukaufen. Deshalb kämpften einige Geschäfte mit einem Umsatzrückgang von mehr als 60 % aufgrund von Covid.
Der Online-Handelsmarkt in Deutschland
Im Jahr 2020 machte der Online-Handel in Deutschland einen Umsatz von 73 Mrd. €. Dies entspricht einem Plus von fast 14 Mrd. € bzw. 23 % im Vergleich zu 2019. Insgesamt haben fast 40% aller Einzelhandelsunternehmen einen Online-Shop als einen ihrer Vertriebskanäle etabliert.
Aktuell vertreiben mehr als 10 % des stationären Einzelhandels ihre Produkte auch über eBay oder Amazon und rund 7 % über andere Online-Handelsplattformen. Generell sind im Jahr 2020 14 % der Einzelhandelsunternehmen nur über ihren Onlineshop aktiv. Diese Zahl ist seit 2017 um 4 % gestiegen, während der stationäre Handel von 54 % auf 49 % gesunken ist.
Rund 32 % der deutschen Online-Einkäufe wurden per Rechnung, 20 % per Paypal und 18 % per Lastschrift bezahlt.
Erfolgreiche deutsche Online-Handels-Start-ups
Das Möbelhandels-Start-up Westwing
Der Möbel- und Einrichtungsmarkt ist ein wachsendes Segment für den deutschen Einzelhandel, denn er trägt mit einem Umsatz von 33 Mrd. € im Jahr 2018 zu rund 7 % aller Konsumgüterausgaben bei. Vor allem im Jahr 2020 verzeichnet die gesamte Einrichtungsbranche ein enormes Wachstum, da die Menschen mehr Zeit zu Hause verbringen mussten und infolgedessen mehr Geld in Möbel und Design investierten.
Das beliebte Einrichtungs Start-up Westwing wurde 2011 von Chief Creative Officer Delia Fischer und CEO Stefan Smalla gegründet. Das in München ansässige Unternehmen arbeitet mit mehr als 5.000 Möbeldesignern und Einrichtungsfirmen aus der ganzen Welt zusammen und verkauft deren Produkte auf der Westwing-Online-Plattform oder über die App. Derzeit ist Westwing in mehr als 11 europäischen Büros aktiv. Bemerkenswert ist, dass vor allem ihre Online-Präsenz das Interesse der Verbraucher weckt. Die Instagram-Seite des Unternehmens, mit mehr als 1,3 Millionen Followern, versorgt potenzielle Kunden mit Produktvorstellungen, Einrichtungstipps und anderen redaktionellen Inhalten. Seit kurzem bietet Westwing auch eigene Produkte und Design-Services an. Seit 2018 ist das Unternehmen an der deutschen Börse gelistet.
About you – Online-Mode-Start-up
Das Hamburger Online-Mode-Start-up wurde 2013 von Tarek Müller, Hannes Wiese und Sebastian Betz gegründet und gehört zum Portfolio des deutschen Handelsriesen Otto Group. Der Umsatz der E-Commerce-Marke wird hauptsächlich durch Verkäufe innerhalb Deutschlands generiert. Der Nettoumsatz des Unternehmens lag im Geschäftsjahr 2020/2021 bei 1,17 Mrd. €.
Seit 2018 ist About You offiziell über 1 Milliarde US-Dollar (837 Millionen €) wert und gilt damit als deutsches Einhorn-Start-up. Um mehr über deutsche Einhörner zu erfahren, lesen Sie diesen Artikel. Im Juni 2021 wurde About You erfolgreich an der Frankfurter Börse gelistet. Der About-You-Börsengang ist der bisher viertgrößte in Frankfurt im Jahr 2021. Im Jahr 2019 startete das Unternehmen „ABOUT YOU Limited“, eine Eigenmarke für limitierte Kollektionsteile, die von Social-Media-Influencern wie Lena Gercke und Stefanie Giesinger entworfen wurden. Damit positioniert sich das E-Commerce-Unternehmen als Vorreiter in der Branche. Insgesamt bietet das Unternehmen 400.000 Artikel von über 2.000 Marken über die App oder die Website für 30 Millionen monatlich aktive Nutzer aus über 23 europäischen Märkten an.
Zalando – Online-Kleidungs-Start-up
Die Zalando SE ist derzeit Deutschlands größter Online-Händler und aufgrund der Produktvielfalt, der kundenfreundlichen Rückgaberegelungen und der kreativen Marketingkampagnen vor allem bei den jüngeren Generationen beliebt. Gegründet wurde das Unternehmen mit Sitz in Berlin im Jahr 2008. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 14.500 Mitarbeiter und ist in mehr als 20 Ländern aktiv. Vom Online-Handel über Eigenmarken bis hin zu Shopping-Clubs und Stilberatung bietet das Unternehmen ein breites Spektrum an Produkten und Dienstleistungen. Das Unternehmen arbeitet mit mehr als 2000 Partnern aus dem Einzelhandel zusammen. Zusätzlich haben sie stationäre Outlet-Stores in mehreren deutschen Städten. Neben Kleidung verkaufen sie auch Schuhe und andere Accessoires. Darüber hinaus beraten sie etablierte Marken, indem sie Zugang zu ihren Marketingdienstleistungen und logistischer Unterstützung anbieten. Mehr über die deutsche Logistikbranche lesen Sie in diesem Artikel.
Zalando hat 2020 einen Rekordumsatz von fast 8 Mrd. € erzielt. Aufgrund der Pandemie verzeichnete Zalando einen Anstieg von mehr als 25 % bei den Bestellungen sowie den Website-Besuchen und ein Wachstum von 20 % bei den aktiven Kunden im Jahr 2020.
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